2019
Filip Korunovski
FigurAktiv - Novi Sad
Jana Jakimovska
Dejan Djolevi
Beqiri & Mexhiti
Slobodan Miloseski
Igor Angelov
Drei Positionen
Debora
Steinhaus
EGO SUM...
18 Kolonie Wedding
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18.01. - 02.02.2019
"Born to be alive - Kolonie Wedding wird 18":
Marlene Jachmann, Karen Stuke, Daniel Sambo-Richter, Iwona Lili
Borkowska & Lucyna Viale, Anton Laiko, Elena Ilina, Brigitta Friedrich,
Andreas Wolf, Archi Galentz, Tiny Domingos, Cristina Artola, Christian de
Lutz, Matthias Mayer, Zorka Lednarova, Kata Unger, Martin Loehr
15 JAHREN Projektgalerie Prima Center Berlin Ana Matovska, Azimir
Burzic, Tim Deussen, Birgit Maria Wolf, Bernhard Garbert, Genia Chef,
Tatjana Marusic, Charles Moser, Ira Schneider
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Born to be alive
ist der Titel der heutigen Ausstellung im Prima Center Berlin.
Damit feiert Jovan Balov gleich mehre
Jubiläen.
1. Ein
Jubiläum ist das der Kolonie Wedding, die just 18 Jahre alt wird. Wäre sie
ein Mensch, dann könnte man sie volljährig nennen. Die Kolonie Wedding ist
ein Zusammenschluss von Projekträumen in einem Berliner Stadtquartier, in
dem Künstler arbeiten und ausstellen, sich und andere Künstler. Es war
eine kluge Entscheidung eines Quartiersmanagements in einem Berline
Problemkiez Künstlern leer stehende Räume zum Selbstkostenpreis zur
Verfügung zu stellen, um dieses Quartier durch die neue Mischung mit
Künstlern sowie auch Studenten zu stabilisieren und damit sozial auch an
zu heben. Dies geschah seinerzeit noch ohne Gentrifizierzung, die heute
wachsenden sozialen Sprengstoff produziert. Die Kolonie Wedding hat
sichseither zu einem lebendigen Kunstquartier entwickelt, dem hoffentlich
noch eine weitere gute Zukunft zu wünschen ist. Jovan Balov war von Beginn
an ein sehr aktiver Faktor in diesem Zusammenschluss sowohl als
Organisator als auch als Künstler und Macher einer Selbsthilfe Galerie,
dem Prima Center Berlin.
2. Ein
anderes Jubiläum ist das eben dieses Prima Center Berlin. Vor 15 Jahren
gründete es Jovan Balov mit Unterstützung des Quartiersmanagements und der
Förderband Kulturinitiative Berlin. Letztere ist im Wendeherbst 1989 in
Ost Berlin entstanden, um ursprünglich Künstlerinnen und Künstlern sowie
KulturmittlerInnen aus Ost Berlin ein Forum und eine Struktur zu schaffen,
die frei von staatlicher Reglementierung Kulturmenschen jeder Art auch
Unterstützung sichern sollte. Schon bald nach dem Zusammenschluss von Ost
und West Berlin ist der Verein über die alten Mauergrenzen hinaus auch im
Wedding aktiv geworden und hat durch öffentliche Mittel und ABM-Massnahmen
wertvolle Unterstützung für die kulturelle Bestandssicherung und
Weiterentwicklung geleistet und leistet dies weiterhin u.a. für die
Kolonie Wedding und das Prima Center Berlin.
Das Prima Center Berlin ist eine
Kunst-Institution, es ist ein Projektraum, der zugleich eine besondere Art
von Selbsthilfegalerie, Kunstzentrum, internationale und supranationale
kulturelle Begegnungsstätte, ein - auch antinationalistisches - Forum für
Kunst und Künstler aus dem gesamten ehemaligen Jugoslawien sowie eine
nachbarschaftliche Anlaufstelle für Künstler, Kunst- und
Kulturinteressierte aller Art, darstellt.
2004 ist es als Non-Profit-Projektraum von Jovan Balov auf die Welt
gebracht worden u.a. mit dem Ziel „eine kulturelle Brücke“ zwischen der
Berliner Kunstszene und der Süd-Ost-Europas bzw. insbesondere den neuen
Staaten des ehemaligen Jugoslawien, zu schlagen. Jovan Balov selbst ist
Makedonier aus dem ehemaligen Jugoslawien – er kommt aus Skopje. Von
Anfang an hat Jovan Balov KünstlerInnen aus Süd-Ost-Europa in Berlin einen
Präsentations-Platz gegeben, in dem sie sich und ihre Arbeiten über alle
nationalen Grenzen hinweg frei ausstellen konnten. Dies war nach den
furchtbaren Jugoslawien-Kriegen nicht selbstverständlich und Jovan Balov
hat schon früh auch sein Prima Center nach Griechenland, der Türkei, nach
Bulgarien und bald schon in die ganze Welt von Asien bis zum gesamten
Europa, nach Afrika und Amerika geöffnet und so ein Stück internationale
Kunst im Austausch miteinander und mit Deutschen und vor allem Berliner
KünstlerInnen gebracht. Im Zentrum steht aber weiterhin der Austausch mit
Süd-Ost-Europa auch untereinander.
Im Prima Center werden
genreübergreifende künstlerische Produktionen gezeigt, von Malerei und
Zeichnung, Skulptur und Installation auch Video, Performances und alle
Mischformen sowie zusätzlich Lesungen, Vorträge und Musikveranstaltungen
sowie interdisziplinäre und multimediale Projekte präsentiert. Über die
letzten 15 Jahre wurden so alleine über 450 Ausstellungen gezeigt. An der
200. im Jahre 2014 im Verein Süd Ost Europa Kultur war ich selbst als
Kurator beteiligt. Das Prima Center wurde so schnell auch zu einer
Begegnungsstätte von Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien, von
MigrantInnen mit Berlinern und Leuten aus aller Welt.
Jovan Balov sucht die KünstlerInnen nach
thematischen und inhaltlichen Ausrichtungen aus und kooperiert dabei auch
mit Kulturministerien in Makedonien und anderen Ex-Jugoslawien Ländern und
er ermöglicht auch einen Austausch in Makedonien, Serbien, Kroatien und
Slowenien u.a.m.
3. Jovan
Balov kam vor 30 Jahren nach
Berlin und liess sich Ende der neunziger Jahre nach einigen Umwegen
über die Niederlande und andere Berliner Bezirke im Wedding nieder, wo er
bis heute lebt und arbeitet. Geboren und aufgewachsen ist er 1961 in
ehemaligen Jugoslawien, im heutigen Makedonien. Er ist ein analytischer
und vielseitiger Zeichner und Maler, konzeptionell und realistisch
arbeitender Künstler, der seine Wurzeln als Archäologe in seinen Arbeiten
nicht verleugnen kann und will. Er hat nach einem Studium der Archäologie
und Kunstgeschichte eine sorgfältige Ausbildung als Zeichner und Maler in
seiner Heimatstadt Skopje in Makedonien und an der HdK, heute UdK Berlin -
– hier auch Bildhauerei - erfahren und stetig vervollkommnet.
Er hat verschiedene Schaffensphasen durchschritten von
der Abstraktion bis zur konzeptionellen Arbeit mit Druck, Malerei, Video
und unterschiedlichen künstlerischen Techniken und setzt sich vornehmlich
mit historischen Themen – nicht zuletzt in Berlin mit der Geschichte der
Stadt und Preussens -auseinander sowie mit seiner eigenen Biografie
zwischen Makedonien und Berlin.
In den letzten 10 Jahren wandte er sich unter
reduzierter Beibehaltung aller seiner bisherigen künstlerischen Genres und
Techniken wieder verstärkt der Malerei zu, vor allem der Portraitmalerei.
Seine Portraits arrangiert Balov nicht nur, er erarbeitet sie über
konzeptionelle Auseinandersetzungen mit den Persönlichkeiten. Indem er
intensive Gespräche führt mit ihnen, bei denen Serien von Fotos entstehen,
nähert er sich den Charakteren und dem, was er hinter der Oberfläche der
jeweils zu portraitierenden Menschen freilegen will. Er versucht unter die
Haut zu kommen und dabei auch zunächst verborgendes zum Vorschein zu
bringen.
Und genau dies, über das Oberflächliche hinaus zu
schauen, versucht Jovan Balov. Zunächst indem er nach intensivem
Kennenlernen seiner Protagonisten und den Fotos eine sorgfältige Auswahl
trifft, die seine Eindrücke widerspiegeln, dann, indem er aus den
ausgewählten Fotos verschiedene Querschnitte macht, unterschiedliche
Hälften aus unterschiedlichen Fotos neu arrangiert und daraus ein neues
Gesicht zusammen setzt. Die Stirnpartie mit den Haaren, Augenpartie, Nase
und Ohren, Mund- und Kinnpartie und schliesslich der Halsansatz werden
oftmals aus unterschiedlichen Abbildungen zusammen gesetzt oder
gespiegelt, eine Gesichtshälfte lächend, die andere ernsthaft schauend
oder je eine Gesichtspartie in eine unterschiedliche Richtung hin
orientiert, werden zu einem neuen Ganzen kombiniert. Es ist der Methode
ähnlich wie sie zur Gesichtserkennung bzw. Identifizierung von Kriminellen
bei der Polizei für die Erstellung von Fahndungsfotos angewendet wird.
Jovan Balov entwickelt so eine Art Collage der Charaktere als Vorlage für
seine Malerei.
Jovan ist ein begnadeter
Selbstdarsteller und Kommunikator. Wenn ich mit ihm in eine fremde Stadt
und in eine Runde ihm unbekannter Menschen gehe, dann ist er binnen
kürzester Zeit im Austausch mit den meisten und schnell an neuem Ort
bekannt wie der sprichwörtlich bunte Hund. Gegenwärtig hat er mit den
Folgen von Krankheit zu kämpfen, weshalb ich als langjähriger Freund heute
hier zu Ihnen spreche. In hoffentlich baldiger Zeit wird er auch diese
Vorstellungs-Aufgaben wieder selbst souverän übernehmen.
4. Die
heutige Ausstellung unter dem Titel „born to be alive“ enthält nicht
zuletzt ein Lebensmotto von Jovan Balov selbst. Insbesondere viele
KünstlerfreundInnen haben sich mit ihren Werken hier zusammen gefunden,
auch um Jovan ein wenig zu huldigen. Fast alle künstlerischen Genres sind
vertreten, von Jovan Balov kuratiert in seinen Räumen des Prima Center.
Ich will nicht alle KünstlerInnen einzeln vorstellen, nur die Namen kurz
aufführen. Die Arbeiten sprechen für sich selbst. Sicherlich fehlt die /
der eine oder andere – nicht zuletzt unser gemeinsamer Freund Heiko Daxl,
vor allem ein sehr geschätzter Medienkünstler, der leider 2012 schon
verstorben ist.
Berlin, 18. Januar 2019 Rolf
Külz-Mackenzie
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